Dietger Lather
Blauer Himmel mit Baiser
Österreich ergibt sich dem Faschismus.
Notizen

Tirol, das Bundesland, in dem ich lebe, wird seit 79 Jahren von dieser Partei regiert. Alle Landeshauptleute von 1945 an und deren Stellvertreter stammen aus der österreichischen Volkspartei. Eine gerade schwarze Linie. Die hätte man sogar seit dem Ende der Monarchie zeichnen können, wäre da nicht der Faschismus mit der Österreichischen NSDAP dazwischen gekommen, die sich den Deutschen unterworfen hatte. 

Nur in den letzten drei Jahren ist es der Sozialdemokratischen Partei Tirols gelungen, den stellvertretenden Landeshauptmann zu stellen. Der schoss einen kapitalen Bock, als er den Bock erlegte und sich in die Dornen setzte,  ohne Aua zu sagen. Eine zu verschmerzende Arabeske in der an dynastische Zustände mutenden Herrschaft über die höchsten Berge Österreichs.

Tirol ist nicht allein. Oberösterreich, Niederösterreich und Vorarlberg leben mit der Herrschaft einer politischen Dynastie. Salzburg hatte einen Ausreißer. In der Steiermark ist seit kurzem nicht nur der Himmel blau, sondern auch das Landhaus.

Österreich liebt Dynastien. Seit Jahrhunderten. Dynastien können sich nach so langer Zeit nicht von der Macht lösen. Wundert es, wenn heutzutage die ÖVP die Tradition der Habsburger lebt. An die Macht klammern, auch wenn sie einem nicht mehr gottgegeben ewig verliehen ist. Wie damals werden einfach ein paar Kronjuwelen versilbert, das Wertvolle verkauft, um zumindest zu überleben.

Ein wenig hat sich leider verändert. Heute beugt man sich dem Diktum, auch wenn die Niederlage nicht eingestanden, sondern zum Sieg erklärt wird. Ein Pyrrhussieg. Dann stockte es. Wie Eierschnee in der Rührschüssel verflüssigte sich der Sieg. Zu lange auf ihm herumgeschlagen.

Stocker stockte wieder alles auf. Beginnt ein Dach zu bauen. Unter dem blauen Himmel sucht er Schutz. Schiebt die Wolken beiseite, die Schatten werfen könnten, und fragt sich, ob nicht auch das Tafelsilber verscherbelt werden soll. Auf dem Stockerl steht nun Kickl. Nicht ganz so rechts, links daneben, will Stocker auf das Stockerl.

Dabei sind die Zeichen an der Wand erkannt. Die Drohung hat Kickl schon vor Tagen herausposaunt. Diktat und Unterwerfung oder Neuwahlen. Abergläubisch ist Kickl nicht. 13 Arbeitsgruppen, die auch noch an einem Freitag tagen. Wieder 13. Diesmal Prozent. Der Gewinn im Burgenland.

Nun gibt Kickl der ÖVP Zucker, weil die keine Zuckerlkoalition backen konnte. Wird staubiger Zucker sein. Wenn der Stocker den in den Eierschnee verrührt, wird’s ein Baiser. Das deckt alles zu. Aber nicht zu lange backen. Sonst wird’s braun.

Die Flecken sind lange bekannt. Seit 5 Jahren. Zuerst im Fernsehen und 6 Monate später im Nationalrat sein Glaubensbekenntnis: Denn ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht. Offenbar alles vergessen bei den Wählern, bei Kickl bestimmt nicht. Da dürfen sich die Richter über mehr Freizeit freuen.

Dankbar bin ich nicht, erleben zu dürfen, mit welcher Nonchalance sich die Österreicher dem Faschismus ergeben. Dabei weiß ich, wie gut man mit ihm leben kann. Ich muss nur den Fotoapparat schultern, die Stirnlampe einpacken und in der Abenddämmerung in den Bergen auf die Gipfel steigen, die Idylle fotografieren, diese Stille, diese Farbenpracht an den rasiermesserscharfen Graten im Übergang vom Blauen in die Nacht einfangen und an die Tiroler Tageszeitung schicken. Die werden es sicherlich veröffentlichen. 

Bilder die beruhigen, Schönheit zelebrieren, egal was die Nacht bringen wird. Ein Beutetiroler, der die Herrlichkeit der Berge preist.



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Dietger Lather

Dietger Lather: Geboren 21. Mai 1953 in Marburg. Abitur am Gymnasium Philippi-num, Marburg 1971.Eintritt in die Bundeswehr Juli 1971. Pensionierung Juli 2014. Dietger Lather war Oberst im Generalstabsdienst. Er hat die deutsche und englische Generalsstabsausbildung absolviert. Auf Verwendungen im Bundesministerium der Verteidigung und in NATO Hauptquartieren folgte die Dozentur „Grundsätze Opera-tiver Planungen, Krisenmanagement und Informationsoperationen“ an der Führungsakademie der Bundeswehr. Als Kommandeur des Zentrums Operative Infor-mation kommandierte er einen Medienverbund, der die Einsätze der Bundeswehr und der Nato medial begleitete. Er führte die Interkulturelle Einsatzberatung in den Streitkräften ein. Auf dem Balkan und in Afghanistan war er wiederholt eingesetzt. Von 2015- 2022 unterstützte er Flüchtlinge in Deutschland. Federführend war er 2021 an der Erstellung des „Forderungskatalog Flüchtlingshilfe der Ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiativen in der Stadt Marburg und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf“ beteiligt. Seit 2022 lebt er in Innsbruck. Neben seiner Schriftstellerei unterstützt er weiterhin Flüchtlinge. Verheiratet in zweiter Ehe mit ass.Prof‘in Dr. Marion Näser-Lather. Aus erster Ehe vier Kinder. Publikationen: - Informations-Operationen – Erfahrungen aus dem Einsatz, in: Carsten Bockstette, Walter Jertz, Siegfried Quandt (Hg.), Strategisches Informations- und Kommunikationsmanagement, Bonn 2006, S. 272 - 289 - Strategische Kommunikation, Studie, 2009, Bundeswehrinterne Studie. - Strategische Kommunikation, in Natascha Zowislo-Grünewald, Jürgen Schulz und Detlef Buch, Den Krieg erklären: Sicherheitspolitik als Problem der Kom-munikation, Frankfurt 2011, S. - Für Deutschland in den Krieg, Sachbuch, Marburg 2015 - Zwei Welten, Roman, Berlin 2024

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Otto Riedling

    Nicht Österreich – dazu gehöre ja auch ich – ergibt sich dem Faschismus sondern verblendete,
    Repräsentanten von Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer und Bauernbund dienen sich dem „blauen Himmel“
    im Stile einer Polit-Prostituierten an. Großvater Hans Lauda (erster Industriepräsident nach 1945),
    Rudolf Sallinger (ehem. WK-Präsident und gemeinsam mit Benja Doyen der Sozialpartnerschaft) und
    Leopold Figl (u.a. auch oberster Bauernbündler) hätten sich mit diesen „Herren“ nicht im geringsten Maße eingelassen und würden sich im Grab umdrehen.

    1. Robert Muskat

      Ein Bravo und Applaus für Ihren Beitrag. Er trifft voll ins Schwarze!

  2. c. h. huber

    ich hoffe immer noch, dass die verhandlungen von schwarz-blau scheitern – bestimmt pures wunschdenken. und wenn kickl doch bundeskanzler werden sollte, dass er sich und seine getreuen bald selbst hinauskickt aus dieser unseligen regierung. wie das ja schon haider und westenthaler und andere blau-braune getan haben. noch etwas: die deutschen sind auch nicht besser, sieht man sich das kasperltheater der cdu mit der afd nun an.

    1. Dietger Lather

      Wie Max Liebermann fühle ich mich angesichts der Asyldebatte in Deutschland. Er sagte nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, er könne nicht so viel essen, wie er kotzen möchte. Jeder in Deutschland weiß, wie notwendig die Migration für den Fortbestand des gesellschaftlichen und sozialen Systems ist. Niemand sagt dies derzeit. Dafür werden Einzelfälle instrumentalisiert, im vergeblichen Versuch, sich zu übertrumpfen, was die Abschiebung und die Schließung der Grenzen betrifft. So unvernünftig und dümmlich, so verantwortungsslos wie Merz und die CDU es derzeit anstellen, ist unfassbar. Sein 5 Punkteplan ist erstens vor der Bundestagswahl nicht umsetzbar, erfordert zweitens eine Grundgesetzänderung und verletzt drittens EU Recht. Merz bewegt sich im Strafraum, fouled und serviert der AfD einen Elfmeter. Die Schlepperorganisationen lassen die Champagnerkorken knallen. Sie werden die Festung in Österreich und Deutschland durchbrechen und wie Dagobert Kopfsprünge genießen.

    2. Robert Muskat

      Über 70% der Österreicher haben den Schiachpercht nicht gewählt, trotzdem führt er sich auf wie wenn er die Absolute geknackt hätte. Und wenn ich den Stocker betrachte, fällt mir nur ein, dass er sich gerade seine polierte Platte einfettet um leichter beim Kickl hinten reinzuflutschen. Es ist einfach grauselig und hätte ich nicht Haus und Katzen, ich würde mich auf eine Südseeinsel verabschieden.

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