Dietger Lather
Goldenes Gaza
als die Riviera des Nahen Ostens und
die Kriege des Friedensfürsten
Donald Trump
Analyse

Am 5. Februar diesen Jahres verkündete Donald Trump beim Treffen mit Bibi Netanjahu seinen Plan, wie er Gaza zur Riviera des Ostens umgestalten wolle. Donald war wieder crazy, lauteten einhellig die Kommentare. Die Palästinenser aus Gaza vertreiben, alles einreißen, was bisher nicht bombardiert wurde und dann an der Mittelmeerküste eine neue Riviera bauen, schien selbst den kühnsten Träumern nicht eingefallen zu sein.

In Los Angeles hörten zwei in Israel geborene Künstler von Trumps Plan. Ein witziges Video sollte daraus werden. Sie fütterten KI mit ein paar Begriffen und posteten ihr Video, kurzzeitig auch auf Instagram. Drei Wochen vergingen. Am 26. Februar postete es Trump, auf seinem Kanal.

Die Gesetze der sozialen Medien schlugen zu. Eine KI-Satire ging viral, in der gesamten Welt. Der Videospaß beschäftigte Regierungen nicht nur in der arabischen Welt, vor allem aber die Palästinenser in Gaza.

Drei Monate später hat sich die Satire in blutige Realität verwandelt. Der von Trump verkündete Plan wird tatsächlich umgesetzt. Die fortwährende Bombardierung von Gaza, die Vertreibung der Palästinenser, die Kontrolle der Hilfslieferungen durch ein privates US-Unternehmen sowie die Entmachtung der HAMAS und der von ihr kontrollierten palästinensischen Autonomiebehörde sind ohne die Billigung der US-Regierung nicht denkbar. Täglich wurde in den Medien darüber berichtet, bis der Krieg mit Iran den Gaza Streifen aus den Nachrichten verbannte.

Drei Tage nach dem Treffen der beiden Präsidenten, am 8. Februar, wurden drei israelische Geiseln freigelassen. Die Inszenierung durch die HAMAS und den IS war grauenhaft. Es soll ein Medienspezialist aus dem Iran das menschenverachtende Schauspiel mit geplant haben. Es dürfte aber Netanjahus und auch Trumps Überzeugung gestärkt haben, dass die HAMAS nicht nur entmachtet, sondern auch vernichtet werden muss. An die Botschaft der Hamas sei erinnert.

We’re the flood… the war’s next day. / Wir sind die Flut…der Krieg ist am nächsten Tag.

In großen arabischen und hebräischen Lettern auf die Leinwand hinter der Tribüne geschrieben. Obwohl viele Israelis ein Ende des Bombardements forderten, um die verbliebenen Geiseln zu befreien, setzte die israelische Regierung den Krieg gegen die Hamas fort. Bezeichnend sind die Feststellungen eines Abgeordneten der Knesset. Zvi Sukkot, Abgeordneter der religiösen zionistischen Partei, antwortete auf eine Frage: In einer Nacht wurden fast einhundert Gaza Bewohner getötet und keinen interessiert das. Jeder hat sich daran gewöhnt, dass man hundert Menschen dort in einer Nacht töten kann. Niemanden in der Welt kümmert das.

Sokkot betrachtet Palästinenser offensichtlich als Menschen, die getötet werden dürfen, vielleicht getötet werden müssen. Ideologie und religiöser Dogmatismus vereinen sich in seinem Statement. Ein Konglomerat, das Tod und Vernichtung nach sich zieht.

In den Nachrichten wurde einmal über Proteste von Bewohnern des Gazastreifens berichtet. Dann fehlten weitere Nachrichten darüber. Dafür wurde die humanitäre Katastrophe jeden Abend in die Wohnzimmer getragen. Trump, der vor der Wahl großschnäuzig verkündet hatte, er werde als Friedenspräsident in die Geschichte eingehen, forderte kein Ende des Bombardements, sondern gab nach Tagen des Wartens Netanjahu den Rat, Hilfslieferungen zuzulassen.

Nachrichten über Demonstrationen gegen die Hamas waren nicht mehr zu sehen. Amnesty International hingegen interviewte Betroffene und stellt fest:

Die Bevölkerung im Gazastreifen protestiert gegen die verheerenden Auswirkungen des anhaltenden Völkermords und der Vertreibung sowie gegen das Versagen der Behörden in Gaza, sie davor zu schützen. Es ist beschämend, dass die Hamas-Behörden das Leiden der Palästinenser*innen weiter verschärfen, nur weil die Menschen sagen: ‚Wir wollen leben!‘ Sie haben das Recht, die Behörden zu kritisieren, ohne gewalttätige Repressalien zu befürchten. Die Hamas-Behörden müssen unverzüglich alle Repressalien gegen Palästinenser*innen einstellen, die mutig und offen ihren Widerstand gegen die Praktiken der Hamas in Gaza zum Ausdruck bringen. Berichte über Schläge, Drohungen und Verhöre sind äußerst alarmierend und stellen eine schwerwiegende Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung dar.

Jeder und Jede, die in Gaza demonstrieren, werden kurz danach von Sicherheitskräften zu Hause besucht. Alle, die Kritik äußern, werden als Verräter gebrandmarkt. Sie werden oft geschlagen und bedroht, es könne Schlimmes geschehen, wenn sie wieder demonstrieren sollten.

Auch in Gaza dürfte fast jeder Erwachsene ein Handy besitzen. Jedes Ereignis könnte gefilmt und in den sozialen Medien verbreitet werden. Wie sehr müssen die Drohungen der Hamas wirken, Menschen zu töten, wenn sie ihre Operationen posten oder Kritik an der Organisation üben? Zwanzig Tausend Hamas Kämpfer sind getötet worden, berichtet die israelische Armee. Wo sind die Postings? Wo die Bilder? Nicht umsonst wird die Hamas als Terrororganisation eingestuft. Sie terrorisiert ohne Unterschied auch ihre palästinensischen Brüder und Schwestern.

Die Medienstrategie der Hamas ist unverändert erfolgreich. Eine unabhängige Berichterstattung existiert nicht. Berichte in die westliche Welt werden zensiert. Nicht einmal über diese Zensur wird von westlichen Medien berichtet.

Im Gegensatz dazu kann die ARD Reporterin in Tel Aviv von den Auflagen der Militärzensur berichten. Hamas zelebriert humanitäre Katastrophen, auch wenn die Bilder dies nicht immer bestätigen. Dabei werden diese Katastrophen von beiden Seiten verursacht, aber einseitig dargestellt.

Netanjahu verfolgt mit dem Rückhalt durch Trump sein Ziel, die Hamas zu vernichten und aus Gaza, soweit möglich, die Palästinenser zu vertreiben. Dabei wäre es möglich gewesen, die Basis der Hamas, das Tunnelsystem, zu zerstören.

Nichts spricht dagegen, mit Hilfe der UNO Flüchtlingslager außerhalb von Gaza einzurichten. Sowohl in Israel und in Ägypten oder in Jordanien, wie Trump forderte. Seit dem Morden der Hamas und anderer Palästinenser in Israel sind zwanzig Monate vergangen. Zeit genug, um Flüchtlingslager aufzubauen, alle Flüchtlinge zu kontrollieren, ihre Personalien zu registrieren, Fingerabdrücke zu nehmen und auf Waffen zu untersuchen.

Im so entleerten Gaza Streifen hätte das Tunnelsystem der Hamas, ihre Operationsbasis, gesprengt werden können. Nichts ist geschehen, um die Bevölkerung zu retten, weder von israelischer noch von arabischer Seite.

So wird der Krieg weiter geführt werden. Wir werden weiter zuschauen, wie Menschen sterben. Die europäischen Staaten werden den Krieg in Gaza geißeln, die Gegner Israels vom Genozid sprechen und vom Völkermord. Auch Trump, der selbsternannte Friedensfürst, wird den Frieden im Nahen Osten nicht erreichen, geschweige denn garantieren können. Sein Plan zur Umsiedelung der Palästinenser wurde von Jordanien und Ägypten vehement abgelehnt. Die Regierung Netanjahu wird trotz der Proteste im eigenen Land den Krieg weiter führen. Irgendwann werden die Waffen schweigen. Nach der Aufrüstung wird Jahre später erneut ein Krieg ausbrechen.

Trumps dem Iran und Israel verordnete Waffenruhe hält nur, weil er sublim droht, erneut zuzuschlagen. Ein Krieg, der an postpubertäres Verhalten zweier alter Männer erinnert, wenn es nicht so grausam wäre. Zuerst verkündet Trump einen glorreichen Sieg und tags drauf der besiegte Khamenei dasselbe aus seinem Versteck heraus. Keinen Deut wird es ändern. Der Iran wird die USA unverändert als Todfeind betrachten und die Vernichtung Israels fordern.

Zusammen mit arabischen Staaten werden Hisbollah und Hamas wieder aufgerüstet. Jahre zurückgeworfen sei das Atomprogramm, behauptet derzeit die US-Regierung. Es bedeutet lediglich, dass es länger dauern wird, bis der Iran Atomwaffen besitzen wird.

Die Redaktion der Heute Nachrichten im ZDF hat all dies antizipiert. In den Abendnachrichten wurde ein Video eingespielt, in dem das iranische Parlament skandiert Tod den USA, Tod Israel. Das Video ist alt, entweder von 2020 oder von 2023, so der Faktencheck. Bewundernswert mit welcher Nonchalance das ZDF seine Glaubwürdigkeit auf dem Altar der Sensationsnachrichten schlachtet.

Zurück zum Satire Video. So schrecklich es klingen mag. Einiges davon ist Realität geworden. Sicherlich nicht das geniale Ende des Videos. Dort leuchtet riesig groß und golden Trumps Statue am Zentralplatz der Riviera des Nahen Ostens. Sie dürfte das Schicksal aller riesigen Statuen erleiden, mit denen sich mächtige Männer oder solche, die sich dafür halten, Denkmäler setzen wollen. Die Statuen werden eines Tages vom Sockel gestürzt. Hätte sie dabei ihren Kopf nicht verloren, würde er abgesägt werden.


Das KI Video: https://www.youtube.com/watch?v=PslOp883rfI


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Dietger Lather

Dietger Lather: Geboren 21. Mai 1953 in Marburg. Abitur am Gymnasium Philippi-num, Marburg 1971.Eintritt in die Bundeswehr Juli 1971. Pensionierung Juli 2014. Dietger Lather war Oberst im Generalstabsdienst. Er hat die deutsche und englische Generalsstabsausbildung absolviert. Auf Verwendungen im Bundesministerium der Verteidigung und in NATO Hauptquartieren folgte die Dozentur „Grundsätze Operativer Planungen, Krisenmanagement und Informationsoperationen“ an der Führungsakademie der Bundeswehr. Als Kommandeur des Zentrums Operative Information kommandierte er einen Medienverbund, der die Einsätze der Bundeswehr und der Nato medial begleitete. Er führte die Interkulturelle Einsatzberatung in den Streitkräften ein. Auf dem Balkan und in Afghanistan war er wiederholt eingesetzt. Von 2015 - 2022 unterstützte er Flüchtlinge in Deutschland. Federführend war er 2021 an der Erstellung des „Forderungskatalog Flüchtlingshilfe der Ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiativen in der Stadt Marburg und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf“ beteiligt. Seit 2022 lebt er in Innsbruck. Neben seiner Schriftstellerei unterstützt er weiterhin Flüchtlinge. Verheiratet in zweiter Ehe mit ass.Prof‘in Dr. Marion Näser-Lather. Aus erster Ehe vier Kinder. Publikationen: - Informations-Operationen – Erfahrungen aus dem Einsatz, in: Carsten Bockstette, Walter Jertz, Siegfried Quandt (Hg.), Strategisches Informations- und Kommunikationsmanagement, Bonn 2006, S. 272 - 289 - Strategische Kommunikation, Studie, 2009, Bundeswehrinterne Studie. - Strategische Kommunikation, in Natascha Zowislo-Grünewald, Jürgen Schulz und Detlef Buch, Den Krieg erklären: Sicherheitspolitik als Problem der Kom-munikation, Frankfurt 2011, S. - Für Deutschland in den Krieg, Sachbuch, Marburg 2015 - Zwei Welten, Roman, Berlin 2024

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