Dietger Lather
Geisel-Inszenierung
Essay

Wie muss sich ein Mensch fühlen, der monatelang als Geisel gefangen gehalten, gefoltert und missbraucht wurde. Mit dem ein paar Mal gespielt wurde, er würde jetzt getötet werden. Mit Inszenierungen, wie sie mittlerweile aus Filmen bekannt sind. Eine Videokamera, ein Vermummter, der Zeilen aus dem Koran zitiert, ein zweiter Vermummter, der das Schwert in der Hand hält oder ein langes Messer, mit dem die Kehle durchgeschnitten wird. Ein dritter, der die Geisel auf die Knie zwingt. Ein lauter Ausruf Allah sei groß und die Kehle wird durchgeschnitten oder die Geisel mit zwei drei Schlägen enthauptet. Alles nur im Spielfilm zu sehen?

Nein. Hinrichtungen von Terrororganisationen sind im Internet zu finden. Sie anzuschauen, dreht den Magen um.

Derzeit sehen wir in den Abendnachrichten die Propagandainszenierungen der HAMAS. Geiseln, die all das erlebten, was eingangs beschrieben ist, besteigen eine Bühne. In der Hand halten sie eine Geschenktüte der HAMAS. Vor der Bühne läuft der Kameramann entlang. Wenn die Geiseln aufhören zu lächeln, werden sie dazu aufgefordert. Wenn sie nicht winken, werden sie dazu aufgefordert. Sicherlich wurde den Geiseln gedroht, wenn sie nicht folgten, würden sie wieder eingekerkert. Gefrorenes Lächeln, so wurden die Frauen präsentiert. Schockierend die Geiselshow bei den Männern. Abgemagert, von vermummten Palästinensern auf die Bühne geführt.

Die halb Verhungerten stehen vor einem Plakat, auf dem der nächste Krieg angekündigt wird, und müssen ins Mikro sprechen, wie gut es ihnen in den letzten sechzehn Monaten ergangen ist, wie gut sie behandelt worden sind. Sie erzählen alles, was ihnen vorgesagt wird, weil sie zurück zu ihren Familien kommen wollen.

Was macht das mit Menschen, die ihre Liebsten wiedersehen wollen? Wie ertragen sie diese Qual? Wir werden es wissen, wenn die ersten Bücher darüber geschrieben sind, die bei Weitem nicht eine Aufmerksamkeit erlangen werden, wie diese Propaganda. Wer glaubt, diese Bilder und Botschaften würden nicht wirken, täuscht sich. Als ich ein Kind war, glaubte ich diesen Nachrichten. Kinder sind die zukünftigen palästinensischen Terroristen, rekrutiert und ausgebildet durch palästinensische Terroristen, die sich HAMAS Kämpfer nennen.

Werden Soldaten in ein Krisengebiet entsandt, wird im Zuge der Vorbereitungen eine Geiselnahme simuliert. Auch wenn einem bewusst ist, dass diese Simulation endet, ohne gefoltert oder verletzt worden zu sein, erfährt jeder, wie totale Hilflosigkeit psychisch lähmt und ausgeliefert sein einen Menschen zerstört.

Ein zentraler Grundsatz jeglicher Simulation wird vermittelt: als Geisel erfüllt man die Forderungen der Terroristen, um eine grausame Folter zu vermeiden. Interviews, in denen die eigene Regierung als verbrecherisch bezeichnet wird, gehören zur Kommunikationsstrategie von Geiselnehmern. Genauso wie die Aussage, dass die Behandlung durch die palästinensischen Terroristen sehr gut, um nicht zu sagen, zuvorkommend war. Die Propaganda wird von allen erkannt, die sich mit Geiselnahme beschäftigt haben.


Aber die anderen?

Zuschauer werden glauben, die Aussagen der Geiseln seien deren Meinung. Die Propaganda mag bei manchen Menschen gewirkt haben, als sie die Freilassung der Frauen in den Nachrichten anschauten und sich fragten, was daran zynisch sei. Die Bilder der abgemagerten Männer jedoch konterkarieren die Propaganda der Palästinenser, die der HAMAS angehören.

Diese Inszenierung wirft die Frage auf, warum Geiseln, die an Bilder jüdischer Gefangener in den Konzentrationslagern der Deutschen, an den Holocaust erinnern, der Öffentlichkeit präsentiert werden? Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass Geiseln Wochen vor einem Austausch gut behandelt werden, ausreichend ernährt werden, keine physische Folter erleiden, damit deren Aussehen mit der verbreiteten Propaganda übereinstimmt.

Die Inschriften auf den Plakaten geben einen Hinweis. We’re the flood… the war’s next day. Wir sind die Flut…der Krieg des nächsten Tages. Es könnte die Antwort auf Trumps Drohung sein, alle Palästinenser aus Gaza zu vertreiben und den Streifen Land zur Riviera des Nahen Ostens zu entwickeln. So irrsinnig Trumps Drohung ist, steckt ein Kern Wahrheit in ihr.

Wer die beiden Chartas der Hamas nicht kennt, in denen die Vernichtung Israels als ultimatives Ziel der Bewegung – wie sich die HAMAS nennt – postuliert ist, weiß spätestens seit dem 08. Februar 2025, dass diese palästinensische Terrororganisation weiter Krieg führen wird.

In wieviel Jahren der nächste Kriegsausbruch stattfinden wird, entzieht sich gegenwärtig einer Beurteilung. Sicherlich wird die HAMAS Zulauf erfahren. Einerseits, wie in der Vergangenheit, von den aus israelischen Gefängnissen freigelassenen Gefangenen, und andererseits von den Kindern des Gazastreifens, deren Hass auf Israel durch die erlittenen Bombardierungen, die Zerstörungen, die Tötung von Angehörigen sich im Kampf, im Terror gegen Israel manifestieren wird. Israel hat den Keim zu einem neuen Krieg gesät. Er wird stattfinden, wenn die HAMAS die Macht in Gaza behält. Den Anspruch darauf hat sie niemals aufgegeben und mit der Drohung des nächsten Krieges unterstrichen.

Vermeiden kann man diesen Krieg nur, wenn der HAMAS die Macht genommen wird. Wenn sie ausgetrocknet wird, wenn keine Waffen mehr geliefert werden und Material, um sie zu bauen. Wenn die Tunnelsysteme aus Gaza nach Ägypten gesprengt werden.

Den Schlüssel zum Frieden halten die arabischen Staaten und IRAN in den Händen. Sie haben die HAMAS gefüttert, sie ermächtigt. Vor allem aber ist Ägypten gefordert. Nur dieser Staat grenzt neben Israel an den Gaza-Streifen. Weitere Zugänge erfolgen über das Mittelmeer, die Häfen und den Flughafen.

Diese Zugänge müssen durch eine internationale Organisation kontrolliert werden. Nicht durch die Vereinten Nationen, denn die ist in der Vergangenheit weder im Libanon noch in Gaza erfolgreich gewesen. Auch nicht durch Israel. Der Hass auf beiden Seiten ist zu groß und verbietet ein Engagement Israels in Gaza für Jahrzehnte.

Kritiker dieser Idee verweise ich gerne auf die Geschichte meines Landes. Deutschland hat den zweiten Weltkrieg entfesselt. Millionen Tote, ungeheure Verwüstungen. Nach seiner bedingungslosen Kapitulation wurde es jahrelang durch die Siegermächte kontrolliert. Aber schon vier Jahre später begann die Integration in die westliche Staatengemeinschaft. Zunächst als Diktat der Siegermächte empfunden. Kurz darauf die Beendigung einer über mehrere hundert Jahre alten Feindschaft mit Frankreich.

Frieden ist möglich. Geschieht nichts, werde ich in vielleicht zehn Jahren den nächsten Krieg im Nahen Osten kommentieren.

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Dietger Lather

Dietger Lather: Geboren 21. Mai 1953 in Marburg. Abitur am Gymnasium Philippi-num, Marburg 1971.Eintritt in die Bundeswehr Juli 1971. Pensionierung Juli 2014. Dietger Lather war Oberst im Generalstabsdienst. Er hat die deutsche und englische Generalsstabsausbildung absolviert. Auf Verwendungen im Bundesministerium der Verteidigung und in NATO Hauptquartieren folgte die Dozentur „Grundsätze Operativer Planungen, Krisenmanagement und Informationsoperationen“ an der Führungsakademie der Bundeswehr. Als Kommandeur des Zentrums Operative Information kommandierte er einen Medienverbund, der die Einsätze der Bundeswehr und der Nato medial begleitete. Er führte die Interkulturelle Einsatzberatung in den Streitkräften ein. Auf dem Balkan und in Afghanistan war er wiederholt eingesetzt. Von 2015 - 2022 unterstützte er Flüchtlinge in Deutschland. Federführend war er 2021 an der Erstellung des „Forderungskatalog Flüchtlingshilfe der Ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiativen in der Stadt Marburg und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf“ beteiligt. Seit 2022 lebt er in Innsbruck. Neben seiner Schriftstellerei unterstützt er weiterhin Flüchtlinge. Verheiratet in zweiter Ehe mit ass.Prof‘in Dr. Marion Näser-Lather. Aus erster Ehe vier Kinder. Publikationen: - Informations-Operationen – Erfahrungen aus dem Einsatz, in: Carsten Bockstette, Walter Jertz, Siegfried Quandt (Hg.), Strategisches Informations- und Kommunikationsmanagement, Bonn 2006, S. 272 - 289 - Strategische Kommunikation, Studie, 2009, Bundeswehrinterne Studie. - Strategische Kommunikation, in Natascha Zowislo-Grünewald, Jürgen Schulz und Detlef Buch, Den Krieg erklären: Sicherheitspolitik als Problem der Kom-munikation, Frankfurt 2011, S. - Für Deutschland in den Krieg, Sachbuch, Marburg 2015 - Zwei Welten, Roman, Berlin 2024

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Robert Muskat

    Ich darf zuerst bemerken, dass das ach- sooo moralisch – einwandfreie FACEBOOK schon vor Jahren Videos von moslemischen Enthauptungen über Wochen im Netz gepostet hat! Die „Supermacht USA“ hat nichts dagegen unternommen und Milliardär Zuckerberg hat das geduldet. Passt aber haargenau in die aktuelle Diskussion über den „Ankauf“ des Gazastreifens durch diesen von Geldgier durchwachsenen Staat. Abgesehen davon, dass ich ständig propagiere: ALLE RELIGIONEN endlich in den Privatbereich zu verschieben und keine öffentlichen Meldungen darüber mehr zu verbreiten. Wen wundert es, dass sich die Moslems radikalisieren und sich gegen die Omipräsenz und Herrschsucht Israels wehren? Und dann kommt ein Trump und spricht auch noch den internationalen Organisationen das Recht auf Kontrolle, Trennung verfeindeter Parteien und Schutz der Zivilbevölkerung ab, insbesondere von Frauen und Kindern! Gute Nacht schnöde Welt!

  2. Rainer Haselberger

    Wer außer den Vereinten Nationen hat die Legitimation, mit einem internationalen Mandat und neutral die Zugänge zu einem befriedeten Gaza-Streifen zu kontrollieren und die für ein robustes Mandat erforderlichen Ressourcen?
    Wer würde für diesen Einsatz zahlen und eigene Kräfte bereitstellen?
    Wer kann die Lehrer für die Schulen, die Juristen für den Aufbau einer Verwaltung ohne HAMAS, die Journalisten für objektive Medien, die Ärzte und Schwestern für die Spitäler, die Bauingenieure und Stadtplaner für den Wiederaufbau der Zweimillionenstadt entbehren?

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