Alois Schöpf
Eine Frage der Würde!
Apropos

Herbert Kickl war als Person bekanntlich nur für einen kleinen Teil der Wählerschaft ausschlaggebend, die FPÖ zu wählen. Ebenso ist der Steirer und ehemalige Verteidigungsminister Mario Kunasek, gegen den wegen Geldunregelmässigkeiten bei der FPÖ Graz ermittelt wird, mit Verlaub, nicht gerade ein besonders charismatischer Sympathieträger. 

Dennoch marschiert die FPÖ von einem Wahlsieg zum nächsten.

Anders bei den Grünen. Man muss nicht ein Anhänger dieser Partei sein, um dennoch feststellen zu können, dass ihre Spitzenleute von der Persönlichkeit her den blassen Figuren der Volkspartei weit überlegen sind. Dies beginnt schon beim originellen, immer bodenständig wirkenden Werner Kogler, setzt sich fort bei der blitzgescheiten Alma Zadić, der für ihre Überzeugungen einstehenden Leonore Gewessler bis hin zum authentischen Johannes Rauch. Nicht zu vergessen die Stubaierin Sigrid Maurer, bei der man sich bei allen ideologischen Gegensätzen nicht schämen muss, dass sie eine Tirolerin ist, wie es sonst oft bei Landsleuten der Fall ist, wenn sie das Wiener Operetten-Parkett betreten.

Und trotz all dieser Persönlichkeiten verlieren die Grünen. Wie ist das möglich?

Ich bin überzeugt, dass es etwas mit einem Kulturkampf zu tun hat, bei dem sich die post-68-er akademisierten, urbanen Eliten gegen die traditionelle Lebensart der eher ländlichen Normalos durchzusetzen versuchen, indem sie Denkverbote, Sprechverbote, Humorverbote, Verhaltensverbote und Konsumverbote erlassen und in penetranter Gendersprache von oben herab versprechen, sich um die Probleme der Abgehängten zu kümmern.

Nur dass sich diese Abgehängten nicht unbedingt als abgehängt empfinden. Sie kommen mit ihrem Leben oft besser zurecht als ihre Prediger. Und sind in der Praxis oft sogar toleranter. 

Warum sollten sie also Leute wählen, die ihnen ihre Würde rauben oder diese nicht ausreichend verteidigen?

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 30.11.2024

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Gebhard Zangerl

    Sg. Herr Schöpf,
    Vielen Dank für Ihren heutigen Artikel.
    Ideologie ohne Hausverstand ist Gottseidank zu wenig.
    Daher völlig verdient, der derzeitige Wählerschwund bei den Grünen.
    Schöne Grüße

  2. Albert Sieberer

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    ich gratuliere zum „Apropos“ in der heutigen TT.
    Der von Ihnen beschriebene Kulturkampf mit Denk-, Sprech-, Verhaltens- und Konsumverboten ist auch für mich ein Hauptgrund für die Unzufriedenheit vieler Menschen, die nicht in einer derart penetranten Weise gegängelt werden wollen.
    In dieser Hinsicht haben sich leider die Grünen besonders hervorgetan und Regelungen bewirkt, die von der Mehrheit mit Kopfschütteln und Ärger zur Kenntnis genommen werden. Besonders denke ich da an Gender-Vorschriften, die zwar den Richtlinien des Rates für deutsche Rechtschreibung widersprechen und in manchen deutschen Bundesländern bereits wieder zurückgenommen werden, in Österreich aber nach wie vor gelten, vor allem an den Universitäten und in den Medien.
    Leider hat sich ja auch die TT offenbar dazu nötigen lassen, das Binnen-I zu verwenden – obwohl mittlerweile wohl überall bekannt ist, dass die große Mehrheit Gender-Schreibweisen ablehnt.

    Auch vorauseilende „Wachsamkeitsideen“ wie das Verbieten und Ächten von heimischen Bräuchen in Kindergärten, damit muslimische Kinder nicht „verstört“ werden, von Liedtexten und Büchern tragen dazu bei, dass sich die Mehrheit der von Ihnen als „Normalos“ bezeichneten Menschen vor den Kopf gestoßen fühlt, über andere, viel wichtigere Themen der politischen Parteien gar nicht mehr nachdenkt und sich jenen zuwendet, die einen Ausstieg aus diesem „Woke-Wahn“ versprechen.

  3. Brigitte Geiger

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Ich bin seit langem ein Leser ihrer Artikel und meistens mit Ihnen einer Meinung. Heute allerdings kann ich Ihre Einschätzung nicht nachvollziehen und bin enttäuscht von ihrer Sicht der Dinge.
    Sie nennen die Regierungsmitglieder der Volkspartei blasse Figuren, wir haben einen Kanzler, der bis jetzt gute Regierungsarbeit geleistet hat, für mich ist kein Besserer in Sicht.
    Diese Regierungsarbeit war aber u.a. durch die von Ihnen gelobte Umweltministerin, die ohne Beschluss und ohne Mehrheit in Brüssel ein Renaturierungsgesetz unterschreibt, das nicht ausverhandelt war und deshalb unser Land leider noch gehörig ins Schwitzen bringen wird, nicht einfach. Sie stellte sich über das Parlament und dessen Gesetze.
    Werner Kogler als orginell und bodenständig zu beschreiben, ist Geschmackssache, Alma Zadìc ist sicher gescheit hat aber viel Wichtiges einfach nicht weitergebracht. Siehe z.B die wichtige gesetzliche Möglichkeit der Telephonüberwachung, um vor Terroranschlägen rechtzeitig gewarnt zu sein Im übrigen Europa längst geübte Praxis!
    Die Grünen haben bei vielen wichtigen Themen nicht mitgestimmt und dadurch Einiges verhindert.
    Die ÖVP hat sehr gute Leute in der Regierung, hatte aber nicht das alleinige Sagen und viele Krisen zu bewältigen, die es teilweise noch nie gab. Sie blasse Figuren zu nennen, scheint mir ziemlich unangebracht.
    Mit freundlichen Grüßen!

    1. Robert Muskat

      Liebe Frau Geiger, ich darf Ihnen auf das Heftigste widersprechen! Wenn die liebe ÖVP sich von Wirtschaftsbund, Industriellenvereinigung und Bauernbund gängeln lässt,ist das deren Problem. Aber einer (grünen) Umweltministerin vorzuwerfen, sich für die Umwelt einzusetzen, ist eine Frechheit! Oder finden Sie es normal, dass hervorragende Ackerböden in landwirtschaftlich gewidmeten Bereichen plötzlich in Industriegebiet umgewidmet werden? Die Industrie jammert andauernd, wie schlecht es läuft, aber verbetoniert ständig neue Grünflächen! Normal, oder?

  4. Burghard Trenkwalder

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    meistens genieße ich Ihre Beiträge, weil sie humorvoll gestaltet sind, und doch sehr oft ins Schwarze treffen. Allerdings scheint mir die Einschätzung der grünen „Politikerpersönlichkeiten“ in Ihrer letzten Kolumne geradezu grotesk.
    Der „originelle“ Werner Kogler ist wohl eher die Karikatur eines Sportministers, als Vizekanzler eine einzige Peinlichkeit.
    Frau Zadic hat ihre Aufgabe sträflich vernachlässigt und die Justiz nach 5 Jahren Amtszeit in einem kritischen Zustand hinterlassen – ob das „blitzgescheit“ ist wage ich zu bezweifeln.
    Die ideologisch völlig verblendete Frau Gewessler, die uns einzureden versucht, mit Klimaschutz in Österreich Überschwemmungen und Dürren zu vermeiden, hat so viel Unsinn produziert, dass man ein Schadenersatzverfahren einleiten müsste. Dass der Klimawandel ein globales Problem ist und mit regionalen Aktivitäten nicht zu beeinflussen ist, scheint sie nicht zu kapieren. Ihre unsympathische mediale Präpotenz, garniert mit aufgesetztem Dauergrinsen, wird uns nach ihrem Abgang wirklich nicht fehlen.
    Johannes Rauch als authentisch zu beschreiben ist ohne Aussage. Seine Leistung als Gesundheitsminister verdient eine glatte 5! Verbleibt die Tirolerin „Sigi“ Maurer, für die man sich ihrer Ansicht nach „nicht schämen“ muss – naja, auch darüber könnte man diskutieren.
    Zusammenfassend war die grüne Truppe am wirtschaftlichen Abstieg Österreichs maßgeblich beteiligt und ihr Ausscheiden aus der Regierung ist hoffentlich ein erster Schritt zurück zu einer Politik der Vernunft an Stelle von Ideologie.Auf solche Persönlichkeiten kann unser Land in Zukunft gerne verzichten
    Mit freundlichen Grüßen

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