Alois Schöpf
Wenn es darum geht,
den Rechten eins auszuwischen,
werden die Linken sogar
„katholisch“.
Notizen

Also Schipka war fertig! Steuerprivilegien müssen gestrichen werden. Förderungen gekürzt. Und bei Kultus und Denkmalpflege wesentliche Beiträge. Heimopfergesetz werden wir deckeln. Er war zunächst rot, dann blass, dann zittrig.

So aus der Zeugenaussage des inzwischen zum Kronzeugen geadelten Thomas Schmid, der der WKStA darüber berichtete, wie begeistert sein Chef Sebastian Kurz dereinst gewesen war, der katholischen Kirche als Dank für die Ablehnung seiner Asylpolitik ihre Privilegien streitig zu machen.

Das Zitat stammt übrigens aus der Tageszeitung Der Standard, die sich, vor die Wahl gestellt, ihrer linksliberalen Gesinnung treu zu bleiben oder die konservative Gefahr Sebastian Kurz mittels Diensten an der Christenheit aus der Politik zu vertreiben, für letzteres entschied.

Wie übrigens auch der nicht weniger linksliberale ORF, der in seinen Online-Nachrichten vom 11.02.2025 ausführlich auf jenen Punkt einging, die im angeblich 200 Seiten starken Positionspapier der FPÖ zu den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP ein Ende der Absetzbarkeit von Kirchensteuer und Spenden an kirchliche Einrichtungen vorsah.

Und wieder durfte der Generalsekretär der österreichischen Bischofskonferenz Peter Schipka darob entsetzt sein: Allein rund 3,2 Millionen Katholikinnen und Katholiken leisten ihren Kirchenbeitrag und sichern damit ein österreichweites Netz, das den Menschen in ihrer religiösen Suche und der Seelsorge dient, aber auch konkrete Hilfe für Menschen bietet, die in Not geraten sind. Nicht zuletzt lebt davon auch der Erhalt von Kulturgut, das unsere Heimat so schön macht. Jeder in Österreich profitiert davon. Daher ist das auch steuerlich absetzbar.

Auch der ORF also, der an sich schon als jobsichernde Vorleistung einen Teil der katholischen Volksmissionierung aufgrund einer großzügigen Auslegung des Konkordats aus dem Jahr 1934 vor allem in seiner Sendung kreuz und quer übernimmt und sich zwecks Quote vor allem in seinen Regionalstudios an einen fiktiven gläubigen Österreicher anbiedert, bauschte diese Randnotiz der Freiheitlichen zu einer unverschämten Zumutung auf. Als solche fand sie bis hinauf zum hausmeisterlichen Oberinquisitor Wolf Eingang in eine Argumentationskette, die wochenlang die Damen und Herren der Republik davon zu überzeugen hatte, unter einem Volkskanzler Kickl dem Untergang der Demokratie entgegenzugehen. Kickl hat sich das offenbar so zu Herzen genommen, dass er inzwischen den Regierungsbildungsauftrag zurücklegte.

Der im Titel der vorliegenden Notizen angedeutete Befund, dass Österreichs linksliberale Leitmedien sogar katholisch werden, wenn es darum geht, die rechte Gefahr abzuwehren, die ihnen die staatlich finanzierte Existenzgrundlage zu entziehen droht, was als Ende der Medienfreiheit interpretiert wird, bleibt dennoch evident. Und er bleibt als taktischer Opportunismus zynisch, skandalös und ein Verrat an der europäischen Aufklärung, wenn man diesen hehren Begriff überhaupt noch ohne gleichzeitige skeptische Ironisierung verwenden darf.

Von den 3,2 Millionen Katholiken, die Herr Schipka anführt und die ihren Kirchenbeitrag leisten, gehen nämlich nur noch 7,5 Prozent regelmäßig in die Kirche und sind somit noch berechtigterweise als Katholiken zu bezeichnen. Der Rest ist nur deshalb noch nicht aus dem Verein ausgetreten, weil er aufgrund der das Menschenrecht der Religionsfreiheit verletzenden Säuglingstaufe und aufgrund des Religionsunterrichts bereits in den Volksschulen in die Kitschrituale einer Weltanschauung eingespannt wurde, die den Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit mit der Hölle bestraft.

Zugleich hat es die säkulare Gesellschaft mit Ausnahme der immer öfter praktizierten weltlichen Begräbnisse verabsäumt, die Nachfrage nach zeitgemäßen Ritualen und Festen, wie sie etwa die Geburt eines Kindes oder eine Hochzeit erfordern würden, durch neue Liturgien zu ersetzen.

Hier wird also das potemkinsche Dorf einer Religiosität aufrechterhalten, das durch ein Konkordat aus der Zeit des Austrofaschismus über Machtinstrumente verfügt, die es ermöglichen, in alle wichtigen staatlichen Institutionen einzudringen, darunter neben den Schulen auch in die Medien. Mit über 30.000 Mitarbeitern untersteht aber auch eine Caritas direktem kirchlichen Einfluss, der im Rahmen ihrer Unterorganisation Hospiz dazu benützt wird, neben zweifelsfrei großen Verdiensten als unerbittliche Gegnerin der seit 2022 erlaubten Sterbehilfe in der Praxis die Realisierung des vom Verfassungsgerichtshof festgeschriebenen Menschenrechts zu verhindern, den Zeitpunkt und die Art des eigenen Todes selbst zu bestimmen. Wer im fiktiven christlichen Jenseits auf fußfreie Reihe spekuliert, hat eben vorher bis zum fiktiven natürlichen Ende im Diesseits durchzuhalten. Dies gilt auch für all jene, die solchen Unsinn nicht glauben.

An dieser Stelle sollte aber weniger von den geistigen Verheerungen des Christentums die Rede sein, sondern von den materiellen Privilegien, die im Falle der katholischen Kirche bei der vom Naziregime 1939 eingeführten Kirchensteuer beginnen und bei riesigen, oft klösterlichen Besitztümern enden, die in einem Paradies der Steuerprivilegien von einer aussterbenden Priesterschaft verwaltet und, anstatt in Konkurs geschickt und über Verkauf dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt zu werden, vom Staat als skurrile Fragmente einer vergangenen Zeit durchgefüttert werden. Es sei nur daran erinnert, dass in Tirol Klöster wie etwa das Stift Wilten zu den größten Grundbesitzern des Landes gehören.

Wenn Herr Schipka also davon spricht, dass seine angeblichen 3,2 Millionen Katholikinnen und Katholiken ein Netz sichern, das der religiösen Suche und Seelsorge dient, so könnte man doch zumindest von linksliberalen und somit der Säkularität und der Aufklärung verpflichteten Medien erwarten, dass sie irgendwann einmal den Begriff Aberglauben verwenden und darauf hinweisen, dass selbiger mit den Erkenntnissen über die Welt, wie sie uns die Naturwissenschaften liefern, immer weniger zu tun hat. Und dass sie, wenn Herr Schipka von konkreter Hilfe spricht, auch immer wieder betonen, dass die bereits erwähnte Caritas zu 90 % von staatlichen Geldern und Spenden lebt, und nur 10 % aus der Kassa jener Kirche kommt, welche 100% der Macht innehat und diese auch brutal ausübt.

Was zuletzt die von Schipka angesprochene und auch durch die Kirchensteuer finanzierte Schönheit der Heimat betrifft, genügt ein Blick in die jeweiligen Landeskulturbudgets, um eine Frage aufzuwerfen, die man besonders von aufgeklärten und zukunftsorientierten Journalisten erwarten dürfte: Wie weit kann eigentlich die weltanschauliche, kulturelle und künstlerische Restaurierungslust Österreichs noch gehen, wenn jegliche Gegenwart, indem sie umgehend zu einer denkmalgeschützten Vergangenheit wird, alles Neue und Innovative verhindert.

Ist es da wirklich unbotmäßig, nach einer nicht nur geistigen, sondern auch fiskalischen Abrissbirne im Hinblick auf kirchliche Privilegien zu fragen? Wie kann sich jemand vor diesem Hintergrund als aufgeklärter Bürger oder aufgeklärtes Medium über Vorschläge empören, die, ohnehin zaghaft genug, die Macht des Molochs Kirche den realen Glaubensverhältnissen anzupassen versuchen?

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor, Journalist, Veranstalter, geb. 1950, lebt bei Innsbruck, schreibt seit 41 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 34 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Nach seiner Tätigkeit als ORF-Fernsehredakteur für Fernsehspiel und Unterhaltung verfasste Schöpf Romane, Erzählungen, Märchenbücher und in den letzten Jahren vor allem Essays zu relevanten gesellschaftlichen Themen. Daneben schrieb er Theaterstücke und vier Opernlibretti. Schöpf war auch als Blasmusikdirigent tätig und ist Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte, die er 25 Jahre lang bis 2019 leitete. Zuletzt gründete er 2020 das Online-Magazin schoepfblog, an dem 40 renommierte Autorinnen und Autoren mitarbeiten.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Otto Riedling

    Es sei daran erinnert, dass die Republik bzw. die Tourismuswirtschaft mit kirchlichen Gebäuden (Stephansdom, Stift Melk, etc.) ordentlich Werbung macht. Ich glaube kaum, dass wegen Hochhäusern (Wien) oder Bauernhöfen (Umgebung von Melk) Touristen aus aller Herren Länder kommen. Außerdem finde / fand ich es widerwärtig, wie sich die FPÖ in den letzten 20 Jahren an die katholische Kirche anbiederte (christliche Werte fördern und erhalten) und jetzt ihr das Hackl
    ins Kreuz hauen möchte. Die Krux an dieser Duselei ist, dass der Urvater des dritten Lagers – Georg Ritter von Schönerer – nicht nur ein radikaler Antisemit, sondern auch ein radikaler Antiklerikaler war und im Reichsrat sogar ein „Los von Rom“ forderte. Bitte auch diese Seite zu betrachten.

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