Alois Schöpf
Bitte Antworten, nicht nette Gesichter!
Apropos
Abgeleitet vom Satz aus der Theaterwelt Ach Publikum, wie bist du dumm, was angesichts der Erduldung des Regietheaters ja stimmen mag, herrscht auch in der Politik oft die Meinung vor, die Wähler seien nicht gerade die intelligentesten und mit netten Kandidaten am besten zu beeindrucken.
Dieser Tatsache widerspricht nicht nur der Sieg der FPÖ, der – bei allem Respekt vor Kickl und Vilimsky – nicht gerade von Sympathieträgern errungen wurde. Auch unser ORF-Soziologe Peter Filzmaier hat mit einer Statistik bestätigt, dass im Hinblick auf die Wahlmotive die Spitzenkandidaten nie unter den ersten fünf Punkten aufschienen, die zu der Wahlentscheidung führten.
Im Grunde ist diese Erkenntnis erfreulich, unterstellt sie dem Publikum, uns Wählerinnen und Wählern, doch sachliches Interesse und eine gewisse Befähigung zum Selbstdenken. Weniger erfreulich ist das Ergebnis für den kommenden Wahlkampf, bei dem es offenbar wieder nur um Köpfe und die Frage geht, ob ihre Inhaber sie sich lieber gegenseitig einschlagen oder koalitionär zusammenstecken.
Nicht Nehammer gegen Kickl und Babler gegen Schwarz-Blau sollte das Thema sein, sondern sich, abgeleitet von der EU-Wahl, auch im September neben anderem um drei Begriffe drehen: Sicherheit, Zuwanderung und Klima, wobei sich Punkt eins und zwei vermischen. Zumindest Georg Dornauer hat das erkannt und seinen Genossen ausgerichtet, dass sie zur Migration Stellung beziehen müssen, wenn sie gehört werden wollen.
Aber auch die anderen Parteien werden hoffentlich zur Kenntnis nehmen, dass es nichts nützt, Brandmauern gegen rechts zu errichten, ohne uns zugleich zu sagen, wie es ganz konkret in Österreich weitergehen soll. Mit der EU, der Neutralität, dem Bundesheer, dem Islamismus, den Parallelgesellschaften, den Schulen, der Energiewende und und und…
Wer nicht konkret antwortet, beflügelt die Schimpfer.
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 15.06.2024
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