Alois Schöpf
Macht uns die Digitalisierung ärmer?!
Apropos
Wie geben Sie das Trinkgeld im Restaurant? In bar? Oder nennen Sie eine höhere Summe als die Rechnung ausmacht, wenn Sie mit Karte bezahlen? Wobei ich annehme, dass Sie dann wissen, dass nicht nur der Wirt, sondern auch das Finanzamt und die Sozialversicherung Dinge erfahren, die eigentlich in den geschützten Bereich des Privaten gehören. Was dieser Tage wieder einmal zur Diskussion geführt hat, ob Trinkgelder abgabepflichtig oder komplett davon befreit sein sollten, wie es der Präsident der Wirtschaftskammer Harald Mahrer gefordert hat.
Aber nicht nur durch die bargeldlose Bezahlung wird der Bürger immer effizienter dem Zugriff kontrollierender Instanzen unterworfen. Durch den Einblick in Warenströme bis hin zur leichten Übermittlung von Informationen und jederzeit abrufbaren Daten werden die Geschäfte des Homo Oeconomicus bis ins letzte Eck ausgeleuchtet.
Wenn ich im Gegensatz dazu bedenke, dass die allermeisten Häuselbauer aus meinem Bekanntenkreis sich ihren Lebenstraum nur erfüllen konnten, weil sie von der sogenannten Nachbarschaftshilfe profitierten, so sind heute die Kontrollen so engmaschig geworden, dass ein Bau in Eigenregie mit Taferl vom befreundeten Baumeister nicht einmal mehr am Land möglich ist.
Wir befinden uns in einem Teufelskreis: Der Staat soll immer mehr für seine Bürger leisten, weshalb er immer mehr an Steuermitteln braucht, bei deren Beschaffung ihm die Digitalisierung hilft. Dadurch aber wird unser Leben immer teurer und eine Vermögensbildung zum unrealistischen Wunschtraum.
Wir müssen uns ernsthaft die Frage stellen, ob die mittels Digitalisierung mögliche Kontrolle uns nicht ärmer macht. Und ob es nicht notwendig ist, wieder Freiräume zu schaffen, die früher der tolerierte, aber zuletzt doch illegale Pfusch einnahm.
Dies bedeutet, so verrückt es klingt: Wir brauchen neue Möglichkeiten zu legalem Pfusch!
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 26.04.2025
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Hallo Hr. Schöpf!
Nach vielen Artikeln, die ich mit Freude gelesen, aber ihnen kein Feedback gegeben habe, trifft der Handwerkerbonus wieder meine Seele.
Wir haben im Haus eine größere Fassadensanierung durchgeführt und jeder Eigentümer durfte dann seinen Handwerkerbonus beantragen. Es betrifft 104 Parteien.
Ein Teil ist mit allen Unterlagen zum Magistrat gepilgert, internetaffine wie ich haben es online probiert.
Die ersten Stunden verbrachte ich damit, die Firmenrechnung der korrekten Firma lt. Datenbank zuzuordnen, weil Einzelunternehmer es als nett empfinden, einen nett klingenden Phantasienamen auf die Rechnung zu schreiben. Da die Eingaben nicht gespeichert werden können, musste man bei jedem Versuch wieder ganz von vorne beginnen.
Sowohl die Einen als auch die Anderen wurden durchwegs abgelehnt. Dies obwohl ich die Eingaben sorgfältig mit der Hausverwaltung abgestimmt und sogar die Hotline bemüht habe.
Bei mir war die Ablehnung, dass ich den Rechnungsbetrag für die Arbeit eingetragen habe und annahm, dass das System aus dem hochzuladenden Verteilschlüssel der Wohnungseigentümer erkennt, wieviel davon auf mich entfällt. Ich hätte die Beträge durch den Verteilschlüssel umrechnen müssen. In der Hilfe war ganz klar beschrieben, dass der Betrag der Rechnung einzugeben sei. Positiv hervorzuheben ist, dass das HW Bonus Team mir mitgeteilt hat, dass sie bereit sind, den Antrag nochmals händisch einzugeben, wenn ich ich ihnen alle Unterlagen nochmals mit Mail sende. Zumindest guter Wille.
Ein Kollege wurde abgelehnt, da Antragsteller und Geldempfänger nicht identisch sei. Er hat ihn beantragt und wollte das Geld auf das Konto seiner Tochter überweisen lassen, die die Wohnungseigentümerin ist.
Ich teile ihre Meinung, dass wir uns mit Riesenaufwand zu Tode administrieren. Es scheint, dass das bekannte Kaufhaus Österreich die Blaupause für IT Effizienz bei uns darstellt.
Mit freundlichen Grüßen!
Hallo Herr Schöpf,
es wundert mich immer wieder, dass die Nachteile der Digitalisierung so gut wie gar nicht thematisiert werden. Diese gibt es reichlich, z.B. die tägliche Überfrachtung mit Datenmüll und Werbung, was vor allem Zeit kostet.
Abnehmende Übersicht über die Kontrolle des Bankkontos. Ungeheurer Energieverbrauch! Schätzungsweise dient weit mehr als die Hälfte der Smartphone-Aktivitäten der reinen Bespaßung,
Abnehmende persönliche Kontaktnahmen; Kontakte werden immer unpersönlicher.
Verkümmerung der Kreativität und des Jahrtausende alten Kulturgutes „Handschrift“, vor allem bei Kindern und Jugendlichen.
Am besten wäre es, eine Serie zu schreiben (natürlich dabei auch die Vorteile berücksichtigen).
Freundliche Grüße