Alois Schöpf
Kommerzmusik in traditioneller Tracht
Apropos
Am letzten Wochenende war ich in Meran, der alten Kurstadt, in der die Verlassenschaften der Donaumonarchie, der Ursprung des Landes mit seinem finsteren Schloss und die immer noch skandalöse Teilung Tirols in eins zusammenfließen. Eine Stadt, die seit mindestens 150 Jahren für niveauvollen Tourismus steht, mit ihrem Kurhaus über einen der schönsten Konzertsäle im Jugendstil verfügt und in der ich durch die täglichen Kurkonzerte in meiner Jugend den Weg hin zur klassischen Musik gefunden habe.
Entsprechend freute ich mich auf das Konzert einer Südtiroler Musikkapelle am Sonntagvormittag. Dass daraus eine Enttäuschung und sogar eine Mischung aus Trauer und Wut wurde, hing mit dem Programm zusammen, wie es im Übrigen auch in Nordtirol längst zur allgemeinen Unsitte geworden ist.
Wie ist es nur möglich, muss ich mich fragen, dass ein Musikverein in seinen schmucken Trachten in einem solchen Ambiente vor seine zahlreichen Gäste tritt, die sich doch wohl etwas für das Gastland Typisches erwarten, und mit Ausnahme von zwei schlampig herunter genudelten Märschen ausschließlich schlecht instrumentierte und stilistisch unwissend einstudierte Werke globalisierter Allerweltsmusik präsentiert?
An diesem beschämenden Kotau vor dem flachen Kommerz konnte weder das sympathische Auftreten der Musiker und Musikerinnen etwas ändern, noch eine überschwängliche Moderation, die ein Liedl von Ozzy Osbourne oder Elton John zu einer Symphonie von Gustav Mahler hochstilisierte.
Die traditionelle österreichische Blasmusik kann wie das Musikland Österreich überhaupt auf eine großartige Vergangenheit mit einem Fundus an Meisterwerken verweisen, die vom Marsch über Polkas und Walzer zu brillanten Ouvertüren reichen. Diese Tatsache wird, nördlich und südlich des Brenners, flächendeckend ignoriert.
Ein Missklang des Versagens, zum Schaden unserer Kultur und Identität!
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 11.10.2025
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Hallo, Herr Schöpf!
Ich kann ihre Gedanken verstehen, bin 35 Jahre Mitglied einer BMK. Es ist sicher nicht für jeden nachvollziehbar, was hier gespielt wird, aber, und das ist die Krux: die Kapellmeister sind jung, die jungen Musikanten natürlich auch, und man muss mit der Zeit gehen, sonst gehen einem die Musikanten aus.
Die Jugend muss man auch verstehen. Sie haben so mannigfache Möglichkeiten. Sport, Feuerwehr, nur an der Konsole hocken, die vielgeliebte work-life-balance. Viele denken sich auch, weiß ich aus Gesprächen: „Oiso, wenn do grod so wos oitvatrisches gspüt werd, lass i’s.“
Zudem sind moderne Arrangements gleich einmal eingelernt, im Gegensatz zu 15-Minuten-Tongemälden, Märschen, Polkas, Ouvertüren usw.. Auch klingen die modernen Arrangements gleich einmal gut, auch, wenn nicht jeder Ton stimmt.
Und dasselbe wie bei den Musikkapellen gilt auch für Kirchenchöre, die meist nur mehr ältere Mitglieder haben, und sehr vielschichtige und schwierige Messen einstudieren, zu denen du ein musikalisches Grundverständnis brauchst, das nicht jedem geschenkt oder in die Wiege gelegt wurde.
Weiterhin so viel kritischen Weitblick!