Alois Schöpf
Im Schatten lebt es sich am besten.
Apropos

Ein angeblich aus China stammender Fluch lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben! Solche Zeiten zeichnen sich nämlich durch Kriege, Revolutionen und Katastrophen aus, die dann Eingang in die Geschichtsbücher finden, in denen fast nie die Rede von der unspektakulären Schönheit des gewöhnlichen Lebens und seinen Glücksmöglichkeiten ist.

In den letzten Wochen wurde immer wieder beklagt, dass die EU etwa bei den Gaza-Friedensverhandlungen unter der Leitung des amerikanischen Präsidenten offiziell keine große Rolle spielte. Die darf sie dann, um es kritisch anzumerken, erst wieder übernehmen, wenn es gilt, mit unserem Steuergeld – zum wievielten Mal? – den Wiederaufbau (auch von Tunnel-Systemen?) mitzufinanzieren.

Nicht minder blamabel ist die Rolle der EU in Sachen Ukraine-Krieg, bei dem Herr Selenskyj bei Herrn Trump um Waffen bettelt, die wir Europäer zahlen müssen. Und Herr Trump mit Herrn Putin telefoniert, ob er nun genug Tote verschlissen hat oder noch mehr Gebiete erobern möchte, um seinen orthotoxischen Traum von Großrussland zu verwirklichen?

Im Schatten der Großmacht USA und in der strategischen Schockstarre des Kalten Krieges verlebten wir Europäer wunderbar uninteressante Zeiten. 

Und wir nutzen sie bis heute, um auf die Zigarettenpackungen Bilder von grausligen Krebskrankheiten aufdrucken zu lassen, Wolf und Bär auch in Tourismusgebieten unter Schutz zu stellen und zu verbieten, dass zu einer Veggie-Wurst Veggie-Wurst gesagt werden darf, weil nur die Wurst aus des Metzgers Lobby-Hand eine solche ist.

Wenn angesichts solcher Verrücktheiten die Italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in ihrem lesenswerten Buch Ich bin Giorgia von der EU verlangt, sich auf ihre Kernaufgaben Verteidigung und konkurrenzfähige Wirtschaft zu konzentrieren, horcht kaum jemand zu. Denn die Dame steht als Rechte unter Generalverdacht.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 25.10.2025

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor, Journalist, Veranstalter, geb. 1950, lebt bei Innsbruck, schreibt seit 41 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 34 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Nach seiner Tätigkeit als ORF-Fernsehredakteur für Fernsehspiel und Unterhaltung verfasste Schöpf Romane, Erzählungen, Märchenbücher und in den letzten Jahren vor allem Essays zu relevanten gesellschaftlichen Themen. Daneben schrieb er Theaterstücke und vier Opernlibretti. Schöpf war auch als Blasmusikdirigent tätig und ist Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte, die er 25 Jahre lang bis 2019 leitete. Zuletzt gründete er 2020 das Online-Magazin schoepfblog, an dem 40 renommierte Autorinnen und Autoren mitarbeiten.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Josef Pockenauer

    Schönen guten Morgen Herr Schoepf!
    Habe gerade Ihren heutigen Beitrag gelesen.
    Sie kreiden der EU natürlich zurecht an, sich zuviel um tatsächliche und vermeintliche Kleinigkeiten zu kümmern.
    Was mich allerdings schon ein wenig wundert ist, dass Sie kein Wort über die in vielen Fällen total überzogenen Maßnahmen und Vorgaben im Naturschutz verlieren.
    Oder den völlig überzogenen Einfluss der verschiedensten NGOs, die das gleiche tun wie die angeführte Metzgerlobby, um nur ein Beispiel zu nennen.
    Und zum Thema rechts und Generalverdacht: Im EU-Parlament ist die EVP die stärkste Fraktion. Und ich denke, dass man die EVP bestenfalls rechts der Mitte ansiedeln kann.
    Es läuft vieles nicht rund in der EU, aber man kann z B seine Meinung auch sehr drastisch ausdrücken in dieser EU. Etwas, das in vielen Teilen der Welt, oder sogar in den meisten, wohl nicht sehr ratsam wäre.
    Angeblich auch schon in den USA, einer Demokratie.
    Ich jedenfalls möchte bei allen Mängeln nirgendwo anders leben. Und wenn man die Augen offen hält, geht’s uns nicht sehr schlecht.

  2. Edmund Wiesbauer

    Sehr geehrter Herr Alois Schöpf!
    Heute haben Sie wieder den Nagel am Kopf getroffen. Ihr Artikel sollte nach Brüssel, in die Hofburg und ins Bundeskanzleramt weitergeleitet werden. Oder wär der Kommentar? „Oida, das verstehen wir nicht“, frei nach Frau Cent, ich meine Schilling.
    Mit freundlichen Grüßen

  3. Gebhard Zangerl

    Sg. Herr Schöpf,
    Danke wieder einmal für Ihre heutigen Zeilen !
    Mit was für Randthemen wir uns hier im Rahmen der EU alltäglich befassen, grenzt schon fast an Dummheit.
    Weltweit werden wir ökonomisch, technisch und digital überholt, und wir diskutieren brav über Moral und Tierschutz von Raubtieren in bevölkerungsreichen Tourismusgebieten…
    Aber wie schon meine Großmutter immer meinte…“Gegen Dummheit ist noch kein Kraut gewachsen „…

  4. Markus Rieglhofer

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Auch heute wieder war ihre Kolumne der Lichtblick in der TT.
    Ich frage mich ja manchmal, ob es einfach eine Frage des Alters ist, dass man manche Entwicklungen nicht mehr versteht, und sie haben mir wieder das Gefühl gegeben, dass ich damit nicht allein bin.
    Wir haben eine Rezession, Schulden bis zum Geht-nicht-mehr, dann noch mehr als “Sondervermögen”, diskutieren aber einen 140 Milliarden Kredit an die Ukraine, den diese nie zurückzahlen kann und trauen uns aber auch verständlicherweise nicht, das russische Geld dafür zu verwenden, weil wir im schlimmsten Fall alles selbst zahlen müssten und das Geld dafür nicht haben oder ausgeben wollen.
    Aber auf alle Fälle mehr Waffen, weil die schon immer zu Frieden geführt haben!
    Wir haben dafür Flaschenverschlüsse, die sich immer in der Nase verheddern und abgerissen werden müssen, Strohhalme aus Pappe, die sich während des Trinkens auflösen und generell eine Regulierungswut, die ihresgleichen sucht. Bären und Wölfe, von unseren Vorfahren aus guten Gründen ausgerottet, sind wertvoller als Schafe und Menschen, jetzt holen wir uns mit Wieder-Vernässung von Feuchtgebieten mit der Klimaerwärmung wieder jede Menge Krankheiten zurück, zu deren Bekämpfung die Italiener früher die Sümpfe trockengelegt haben.
    Die EU, gut gemeint statt gut gemacht.
    Putin hat mehr erreicht, als er sich erwarten konnte. Eine gesellschaftliche Paranoia, in der jede Kritik als Russentroll gebrandmarkt wird, milliardenschwere Aufrüstung in Gerät, das bereits im Ukraine Krieg täglich zeigt, dass es nicht mehr relevant ist, und jetzt die Idee, dass die jungen Menschen anstatt in der Wirtschaft Sinnvolles zu schaffen, um wieder konkurrenzfähig zu werden, wieder viele Monate sinnlos in Kasernen rumhängen und dann noch monatelang während ihrer Karriere in den Wäldern Krieg spielen sollen.
    Es ist jetzt etwas länger geworden, aber das Buch von Meloni werde ich mal lesen. Auf alle Fälle danke für ihre Gedanken, die mir immer wieder zeigen, dass ich doch noch nicht völlig falsch abgebogen bin.
    Mit freundlichen Grüßen

  5. Ernst Maier

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Schon die Headline trifft den Kern Ihrer Aussage. Höchst an der Zeit, sich in den Entscheidungsgremien der Union auf das Wesentliche (Klima, Umwelt, Verteidigungsfähigkeit) zu konzentrieren.
    Ich komme jedoch nicht umhin, Ihre Aussagen hinsichtlich „Veggie-Wurst“ dahingehend zu ergänzen, dass dies kein Willkürakt der Union, sondern ein massiv vorgetragener Wunsch der Landwirtschaft unterstützt von CDU/CSU und ÖVP war.
    Einem nicht gerade gesetzeskonformen Handeln der Landesregierung bei der Entnahme vermeintlicher Problem-Wölfe/Bären wird hoffentlich durch den EUGH bald ein Riegel vorgeschoben.

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