Alois Schöpf
Gentechnisch produziertes Fleisch?
Verboten!
Apropos

Die Kolumne letzter Woche beendete ich mit der Behauptung, dass hierzulande weltweite Veränderungen, statt sie als Chance zu begreifen, oft lieber verboten werden. Daraufhin fragten mich Leser, ob ich dafür ein Beispiel angeben könne. Ich reiche es hiermit nach.

Die Genforschung, deren Nennung allein schon bei vielen Zeitgenossen, wenn es nicht gerade um die neueste Krebstherapie geht, geistigen Schüttelfrost hervorruft, hat in geradezu atemberaubendem Tempo die universellen Bausteine alles Organischen entschlüsselt. 

Ein wesentliches Ziel der technologischen Verwertung dieser Erkenntnisse besteht darin, die für den Allesfresser Mensch notwendige Ernährung mit dem Fleisch getöteter, Schmerz empfindender, oft gar mit einem Selbstbewusstsein ausgestatteter Lebewesen durch künstliches, in der Petrischale gentechnisch erzeugtes Fleisch zu ersetzen.

Erstaunlicherweise rufen solche Zukunftsaussichten ausgerechnet auf einem Gebiet Entsetzen hervor, das im Hinblick auf den brutalen Umgang mit unseren Mitgeschöpfen in der Massentierhaltung angebrachter wäre. Die im neuen Regierungsprogramm festgeschriebene Absicht, EU-weit die Zulassung von sogenanntem Laborfleisch zu verhindern, kann sich also, wie vieles, das neu ist, durch Lobbying der Landwirtschaft auf die kompakten Vorurteile der Bevölkerung berufen.

Dabei weiß jeder, der bereit ist, seinen Vernunftapparat einzuschalten, genau, dass es angesichts des weltweit steigenden Fleischkonsums, der Klimabilanz, des Ressourcenverbrauchs und, wie schon gesagt, der grundsätzlichen ethischen Verwerflichkeit, Leben zu züchten, um es aus Eigennutz zu töten, zu Labor- bzw. Kulturfleisch keine Alternative gibt.

Statt an vorderster Front zu forschen, wird verboten. Das aber garantiert, dass wir solches Fleisch bald importieren werden und auf die Rolle als Volk der Köche und Kellner beschränkt bleiben.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 05.04.2025

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor, Journalist, Veranstalter, geb. 1950, lebt bei Innsbruck, schreibt seit 41 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 34 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Nach seiner Tätigkeit als ORF-Fernsehredakteur für Fernsehspiel und Unterhaltung verfasste Schöpf Romane, Erzählungen, Märchenbücher und in den letzten Jahren vor allem Essays zu relevanten gesellschaftlichen Themen. Daneben schrieb er Theaterstücke und vier Opernlibretti. Schöpf war auch als Blasmusikdirigent tätig und ist Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte, die er 25 Jahre lang bis 2019 leitete. Zuletzt gründete er 2020 das Online-Magazin schoepfblog, an dem 40 renommierte Autorinnen und Autoren mitarbeiten.

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