Alois Schöpf
Es gibt auch noch die Staatsräson.
Apropos
Die Staatsräson gilt als ein politisches Prinzip, das besagt, dass die Wahrung und der Schutz des Staates als oberste Priorität betrachtet werden. Dabei können Handlungen oder Entscheidungen, die normalerweise moralisch, rechtlich oder politisch problematisch wären, gerechtfertigt werden, wenn sie im Interesse des Staates sind.
In ihrem Bemühen, niemanden intellektuell zu verschrecken, hat die ÖVP es leider verabsäumt, mit ihren Kritikern in diesem Sinn Klartext zu reden. Dann müsste sie jetzt nicht den abstrusen Vorwurf hinnehmen, im Liegen umgefallen zu sein, weil sie sich mit der FPÖ auf Koalitionsverhandlungen eingelassen hat.
Was wäre nämlich die Alternative, wenn niemand mit Kickl will, diejenigen aber, die nicht wollen, auch nicht miteinander können?
Sosehr Karl Nehammers Entscheidung Respekt verdient, dass er Wort hielt und sich nun ins Privatleben zurückzieht, so sollte auch die Entscheidung Herrn Stockers und der ÖVP unter seiner Leitung respektiert werden, angesichts fehlender Alternativen – aus Staatsräson eben – die Meinung geändert zu haben.
Schließlich hätte ja auch Herr Babler von seinen Steuerideen abrücken und dies vor seinen Wählern aus Gründen der Staatsräson rechtfertigen können. Das hat er aber nicht getan.
Die ÖVP daher für ihr Verhalten zu verdammen, ist nicht ganz fair. Sosehr diese Partei nämlich am ersten Teil ihres derzeitigen Niedergangs selbst schuld ist, indem sie ihr größtes Talent, Sebastian Kurz, in die Privatwirtschaft abziehen ließ, so nimmt sie nun den zweiten Teil, vom Wähler aufgrund von Prinzipienlosigkeit abgestraft zu werden, geradezu heldenhaft auf sich.
Ob ihr das jemand dankt, wird die Zukunft zeigen. Und davon abhängen, ob es noch genug Staatsbürger gibt, die die Verantwortung für den Gesamtstaat, also die Staatsräson, höher einschätzen als das Infotainment des parteipolitischen Hickhacks.
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 25.01.2025
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Danke Hr. Schöpf, für Ihren Beitrag in der TT von Samstag!
Sie haben wieder einmal die Gesamtsituation der Politik in Österreich sehr gut beschrieben!
Dazu möchte ich gern erwähnen, dass eine Hauptschuld an dieser Misere den Medien zuzuschreiben ist.
Nur ein Beispiel: Kinderbetreuungsstätten! Sofort schalten sich Karrierefrauen ein, die dagegen sind, Kleinkinder von den eigenen Eltern erziehen zu lassen. (Wie wichtig wäre das!) Es gibt so viele Möglichkeiten, gerade bei uns in Österreich, nach 3 oder auch 4 Jahren Kindererziehung wieder Fuß im Berufsleben zu fassen! ( auch für Frauen, wenn sie es wollen!)
Die einseitige Berichterstattung hat auch unserem Sebastian Kurz die Kraft genommen, weiterzumachen! Schade!!
In dieser Hinsicht gebe ich der FPÖ auch Recht, dass sie die Medien von den Verhandlungen etwas fernhalten.
Danke und bitte machen Sie weiter so!
So kann man die Dinge auch sehen: „Ihr größtes Talent, Sebastian Kurz, in die Privatwirtschaft abziehen ließ“.
Ich bin der Meinung, dass die Machenschaften des Herrn Kurz die ÖVP auf Dauer beschädigt hat. Und dass es in der ÖVP Leute gibt, die sich wünschen, dass er (Kurz) zurückkommt, stimmt mich bedenklich.
Dieser Herr Kurz hat ja noch einiges aufzuarbeiten, gerichtlich meine ich (es gilt natürlich die Unschuldsvermutung). Also die Personaldecke in der ÖVP muss bedenklich dünn sein, wenn das so ist.
Grüße Gott Herr Schöpf!
Gratuliere heute wieder mal super auf den Punkt gebracht.
Sie haben vollkommen recht mit dem ersten Teil des Niedergangs. Ich habe am Mittwoch lange mit Johannes Frischmann (Autor des Buches über Sebastian Kurz) über seine Zeit als Pressechef und engster Vertrauter unterhalten. Er spricht nur in höchsten Tönen von seinem ehemaligen Chef.
Es war schon eine tolle und fleißige Truppe!
Schmid gehörte allerdings entgegen seiner Aussagen nie zum engsten Kreis von Sebastian Kurz, er war auch keinesfalls sein Vertrauter.
Kurz ist auch als Wirtschaftler unglaublich gut, seine Projekte schießen derzeit in die Höhe. Das wird, aber statt Anerkennung auch wieder nur Neid und Gemeinheiten nach sich ziehen.
Schönen Sonntag
Sehr geehrter Herr Alois Schöpf!
So einfach sind politische Erfolge, ein kurzer Satz “ Kurz muss weg“ ermöglichte erst Kickls Wahlerfolg. Kickl hat klar erkannt, solange Kurz die ÖVP führt, hat er keine Möglichkeit Wahlen zu gewinnen. Mit anonymen Anzeigen ist es nicht schwer, jemanden, der in der Öffentlichkeit steht, durch Anschuldigungen fertig zu machen. Die ÖVP hat leider nicht erkannt, und viele in den Kammern und verschiedenen Institutionen wollten damals die Langzeitstrategie eines Kickl nicht erkennen.
Der Wohlstand Österreichs ist nur durch verantwortliche Regierungen der Vergangenheit möglich geworden. Und das ist ein Verdienst von ÖVP und SPÖ. Staatstragende Verantwortung zu übernehmen wird von der Öffentlichkeit anscheinend nur verstanden, wenn sie auch erklärt wird.
Auch die Journalisten hätten, so wie Sie es tun, die Aufgabe Gutes zu berichten und nicht nur vieles zu kritisieren.
Herzliche Grüße
Ich hatte schon gleich nach Vorliegen der Wahlergebnisse gesagt, dass ein kahlgeschorener Herr Stocker wie ein abgesägter Baum umfallen wird- und so kam es. Mikl-Leitner lässt sich von der FPÖ beleidigen und steigt dann mit denen ins Bett. Staatsräson? Nein, Machtgeilheit! Der ÖVP ging es nie um Staatsräson oder Bürgerwohl, sondern immer nur um Seilschaften, Freunderlwirtschaft und die Interessen ihrer „Bünde“! Jede(r) Millionär/in bekommt Stiftungen nachgeworfen, damit sie sich ja nur in Österreich ansiedeln. Ob sie Steuern und Abgaben zahlen, ist uninteressant. Arbeitnehmer haben zu buckeln, damit die Betriebe vergrößern und weitere Firmen aufkaufen können (siehe der penetrante Luuuuutz). Staatsräson? Gott behüte! Da lieber mit dem Kickl unter die Decke kriechen!
Gute Nacht Österreich!
Sehr geehrter Herr Schöpf,
Ihrem Beitrag vom letzten Samstag 25.01.2025 „Es gibt auch noch die Staatsräson“ ist vollinhaltlich zuzustimmen.
Ich habe großen Respekt vor der Leistung des Herrn Stocker, vor allem davor, dass er sich das „für uns“ antut.
Ob einem die Hinwendung zu den Freiheitlichen nun gefällt oder nicht, wo ist die Alternative? Das sollten uns alle, die da glauben, sie hätten dabei auch „ein Wörtel dreinzureden“ bei nächster Gelegenheit bitte auch kundtun.
Sehr geehrter Herr Schöpf,
Zu Ihrem Apropos mit dem Hinweis, dass die ÖVP es intellektuell nicht geschafft hat, kann ich nur lachen, vor allem dass Sie es intellektuell schaffen, die Raiffeisenräson der ÖVP als Staatsräson zu verkaufen. Und jetzt: Die FPÖ drängt auf eine Bankenabgabe, so wie die bösen Marxisten. Da wird sie dann wohl zustimmen. Wenn Karikaturisten die ÖVP mit Nasenring skizzieren, dann ist es ja gar nichts Neues. Am Nasenring der Wirtschaft und der Bauern (Dieselprivileg) wird sie schon lange durch die Gegend gezogen. Was den Bauern wirklich helfen könnte, nämlich den Preisdruck der Lebensmittelkonzerne mindern, das kann man halt wegen der Wirtschaftsmacht nicht. Schon eine blöde Situation.
Zu Ihrem Text zurück: Sie begründen den Rückzug der ÖVP mit der Sturheit der SPÖ in Sachen Steuern. Aber die ÖVP ist in der Ablehnung von Steuern genau so stur.
Was ist denn so schrecklich, wenn für Reiche Steuern erhöht werden. Es muss ja nicht so drastisch sein, wie Platon vorschlug, dass der Einkommensunterschied nur das Vierfache sein darf. (Was bekommt der CEO von Bawag ? Das Vierhundertfache. ) Aristoteles schreibt: Es widerspricht daher auch nicht der Gerechtigkeit, wenn der Reiche hohe, der Arme niedrige Steuern zahle. Aristoteles nennt das „Austeilende Gerechtigkeit“. Ich habe das dem Buch: „Umverteilung Neu Ideen für die Zukunft von Wirtschaft und Finanzsystem“ entnommen, verfasst von Oliver Tanzer (Die Furche) und Josef Taus.
Ja das waren noch Zeiten, als in der ÖVP solche „Kaliber“ das Sagen hatten. Für diese Politiker war Staatsräson wichtig. Das waren Persönlichkeiten, anders als der strafrechtlich verfolgte Kurtz, nein Kurz. Oh da ist mir ein „freudscher“ Verschreiber passiert. Kurtz ist eine äußerst fragwürdige Gestalt im Roman „Herz der Finsternis“ von Joseph Conrad.
Ist es Staatsräson, wenn man um das eigene Ego zu profilieren, Millionen an Steuergeldern dazu verwendet. Wenn man in einer Nacht- und Nebelaktion ein Amt in der Nacht aufsperren lässt, um einem derzeitigen Untersuchungshäftling einen Deal zu ermöglichen. Wenn man sich von Netanjahu politische Ezzes holt, dem vorgeworfen wird, dass er den Geiseldeal so verzögert, um ja nicht selbst wegen Korruption verurteilt zu werden. Oder sein Umgang mit Peter Thiel, der verkündet, dass Wettbewerb und Markt nur was für Schwache ist. Ziel ist das Monopol, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik.
Es gibt ein Sprichwort: Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist
Mit freundlichen Grüßen
Staatsräson, bei Türkis/Schwarz meinen sie doch nicht ernst? Seit Schüssel und Khol zeigt die ÖVP immer öfter: zuerst die Partei mit ihren vielseitigen privaten Interessen und dann der Staat und seine Bürger.
Sehr geehrter Herr Schöpf!
Man kann Ihnen dahingehend uneingeschränkt beipflichten, dass man das Scheitern der 3er-Verhandlungen nicht ausschließlich der ÖVP anlasten kann. Zudem ist Christian Stocker um sein Bemühen, eine arbeitsfähige Koalition mit deklarierten Anti-Europäern zustande zu bringen, nicht zu beneiden. In dieser nahezu aussichtslosen Situation die Rückkehr eines überdurchschnittlich begabten Blenders in der Person von Sebastian Kurz herbei zu beten, lässt auf bedenkliche „Zweck-Vergesslichkeit“ schließen.
Bereits unter Sebastian Kurz hat sich Österreich als bis dahin verlässliches EU-Mitgliedsland mit seinem Abstimmungsverhalten als populistischer Verweigerer u.a. bei Beschlüssen zum Wiederaufbaufonds der EU und zum EU-Haushalt in bedenkliche Nähe der heutigen Kickl-Truppe begeben. Im Nachhinein betrachtet sollte sich zudem als dessen ausgeprägtestes Talent die Rekrutierung willensloser Vasallen in seinem unmittelbaren Umfeld herausstellen.