Alois Schöpf
Die Energiewende und das Floriani-Prinzip
Apropos

Inhaltlich kann ich das Ergebnis der Volksabstimmung in Kärnten bzw. vor allem in den betroffenen Gemeinden nachvollziehen, in einem Tourismusland den Bau von Windrädern zu verbieten, ein Ergebnis, das in Tirol sicher nicht anders ausgefallen wäre. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass die Energiewende Opfer von uns abverlangt: dazu gehören neue Überlandleitungen, neue oder zumindest erweiterte Pumpspeicher- oder Flusskraftwerke, Groß-PV-Anlagen. Und Windräder!

Wo und in welchem Ausmaß diese nachhaltigen Technologien sinnvoll eingesetzt werden, ergibt sich aus einem komplexen Abwägen zwischen Umweltpolitik, Naturwissenschaften, Energiewirtschaft, Technik, Ästhetik und gesellschaftlicher Akzeptanz. 

Einen solchen von viel Expertenwissen abhängigen Entscheidungsprozess einer Volksabstimmung zu überlassen, an der sich nur 34,88 Prozent der Wählerschaft beteiligen, wovon dann 51,55 Prozent, sprich ca. 18 Prozent der Wahlberechtigten, dagegen sind, davon ein Gutteil von der Opposition aufgehetzt, um der Regierung eins auszuwischen – das ist nur noch Populismus.

Gerade in solchen Fällen erweist sich die modische Herabwürdigung der repräsentativen Demokratie als gefährlich. Unsere Volksvertreter werden nämlich genau deshalb gut bezahlt und müssen bei Wahlkämpfen ihre Denkfähigkeit unter Beweis stellen, damit sie über die Zeit und die geistige Kapazität verfügen, ihren Wählern verantwortungsbewusst und mit dem Risiko, bei den nächsten Wahlen abgestraft zu werden, schwierige Entscheidungen abnehmen.

Es kann schon sein, dass dies eine zu optimistische Sicht ist. Pessimistisch ist die Feststellung hingegen, dass zu viele Zeitgenossen meinen, der Strom komme aus der Steckdose und dass es, wenn Opfer nötig sind, bitte die anderen treffen möge. 

Die repräsentative Demokratie ist besser geeignet, nicht Opfer solcher Fehlentwicklungen zu werden.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 18.01.2025

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Karlheinz Veit

    …und Hunderte Seilbahn-Masten in ganz Tirol – wuascht ??? Achso die bringen ja Geld ….!

  2. Ulrike Lob

    Guten Morgen Herr Schöpf!
    Sie sprechen mir wie immer aus der Seele!
    Wir wollen keine Kohlekraftwerke mehr haben, Atomstrom ist unverantwortlich, Wasserkraftwerke bitte ja, aber nicht in unserer Nähe, Windräder verschandeln unsere schöne Landschaft u. vertreiben die Touristen – also bitte wo anders aufstellen!
    Und woher wollen wir den Strom für Millionen E-Autos nehmen, welche uns die Industrie als umweltfreundlich anpreist?
    Wobei ein E-Auto laut Expertenauskunft schon vor dem Start die Bilanz eines Verbrenners hat, der schon 60.000 km gefahren ist.
    Wenn ein E-Auto brennt, ist es tagelang nicht mehr zu löschen, die Batterien haben eine sehr schlechte Umweltbilanz u. wir wissen eigentlich nicht, wie wir Millionen E-Batterien auf Dauer entsorgen sollen. Von der bedenklichen Produktion ganz zu schweigen!
    Nach ein paar Jahren ist die E-Batterie kaputt, eine Neue kostet mehr, als man für das gebrauchte Auto jemals bekommen könnte, also ab in die Verschrottung. Das weiß natürlich auch die Autoindustrie, sagt es aber nur hinter vorgehaltener Hand, denn wer möchte sich schon das gute Geschäft verpatzen?
    Die teuren Automarken geben gar keine Auskunft zum Preis einer neuen Batterie, wohl wissend, dass ihnen dann niemand ein neues Auto abkaufen würde. Bei den hochpreisigen Marken geht der Preis in mehrere 10.000 Euro – wer würde sich so einen Irrsinn antun? Also, besser Vogel-Strauss-Politik betreiben, den Kopf in den Sand stecken u. so weitermachen wie bisher.
    Die Politik dreht sich im Kreis, denn ein Politiker, der den Wählern die Wahrheit sagt, wird nicht gewählt! Denn die ungeschönte Wahrheit wollen wir ja meistens nicht hören! Und somit gewinnen zum Schaden aller die populistischen Märchenerzähler.
    Das bewährte Englische Sprichwort „You can’t eat and have the cake at the same time!“ trifft auch bei der Frage der Energiebeschaffung ganz ins Schwarze. Wir wollen keine neuen Kraftwerke in unserer Nähe, aber dafür steigt unser Strombedarf kontinuierlich an. Da beißt sich die Katze wohl in den Schwanz!
    Eigentlich wollen wir die Wahrheit nicht hören und wir tun einfach so weiter wie bisher. Die 1,5 Grad Erderwärmung, die bei den Klimakonferenzen als absolute Grenze angesehen wurde, haben wir leider schon überschritten. Wir halten uns anscheinend an das altbewährte Motto „Hinter uns die Sintflut!“
    Herzliche Grüße

  3. Robert Muskat

    Kurz und bündig: der Tourismus braucht sich in Bezug auf Alternative Energien überhaupt nicht aufzublasen! In jedem noch so mickrigen Hotel einen „Wellnessbereich“ mit Hallenbad, Sauna und allem! Und wo soll die Energie dafür herkommen? Öffentliche Bäder müssen zusperren, damit die Hotelgäste ja keinen Groschen außerhalb des Hauses ausgeben, dafür sollten womöglich die Bewohner der Gemeinden weniger heizen und Strom verbrauchen! Ist doch etwas schräg, oder?

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