Alois Schöpf
Der Traum von immerwährender Neutralität
Apropos
Unsere Neutralität beruht auf mehreren Märchen: Zum einen, dass Hitler die Schweiz deshalb in Ruhe gelassen habe, weil sie so hochgerüstet war. In Wirklichkeit benötigten er und seine Bonzen nur einen neutralen Platz, um ihre Geschäfte zu machen, weshalb sie eine Eroberung vertagten.
Eine weitere Mär geht davon aus, dass die Nachbarn Österreichs bzw. die NATO für uns Charmebolzen schon kämpfen werden, wenn es Herrn Putin einfiele, uns bei der Wiederherstellung des Sowjetreichs mit einzukassieren. Was er, drittes Märchen, aber natürlich nicht tun wird, weil wir mit Frau Tanner über ein so angsteinflößendes Bundesheer verfügen, dass er sich sicher nicht traut.
Durch den Krieg in der Ukraine, den zynischen Imperialismus Russlands und seiner Oligarchen, durch die Radikalität, mit der Herr Trump die Strategie „Amerika First” durchzieht, steht plötzlich nicht nur Europa erbärmlich da, sondern Österreich in besonderem Maße, vertrauen wir doch auf den Schutz von Staaten, die sich ihrerseits auf das Geld und den Schutz der USA verließen.
Damit ist es offenbar vorbei. Immerhin dämmert es einigen relevanten Herrschern des Kontinents. Dämmert es auch uns? Dämmert uns, dass wir Mitglieder der westlichen Wertegemeinschaft sind, die durch die Begriffe Freiheit, Demokratie und Menschenrechte gekennzeichnet ist?
Dämmert uns, dass wir diesen Werten unser schönes, von rastlosem Schimpfen begleitetes Leben verdanken? Und dass wir zum Schutz dieses Lebens mehr als nur einen Larifari-Beitrag zu leisten haben, der sich hinter den hehren Worten “humanitäre Hilfeleistung“ versteckt?
Die Staatslüge von der immerwährenden Neutralität ist im Angesicht einer von jeder Moral befreiten Gewaltbereitschaft nur eine feige Ausrede, mit der wir uns das Geld, die Risiken und Gefahren einer in Zukunft wie auch immer gearteten europäischen Verteidigungsgemeinschaft ersparen wollen.
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 01.02.2025
Wenn Ihnen schoepfblog gefällt, bitten wir Sie, sich wöchentlich den schoepfblog-newsletter zukommen zu lassen, und Freundinnen und Freunde mit dem Hinweis auf einen Artikel Ihres Interesses zu animieren, es ebenso zu tun.
Weitere Möglichkeiten schoepfblog zu unterstützen finden Sie über diesen Link: schoepfblog unterstützen
Ojeh ojeh. Jetzt hat der „WirmüssnzuaNATO“-Bazillus auch den schoepfblog infiziert, oder zumindest seinen Namensgeber.
Das unheimliche daran ist, dass dieser Infekt schon längst auf einem Level absoluter Belanglosigkeit gelandet ist. Den Schöpf braucht sich kein korrupter Waffenhändler zu kaufen, das Volk frisst schon von alleine einen der dümmsten Prunksätze des Zeitgeists. Ich hätte nie gedacht, dass es wieder einmal soweit kommt. In einem Land leben, welches nur durch seine unselige Kaisermanöverei in seinen heutigen Zwergenstatus gekommen ist, und welches jetzt auf das eilfertigste in die erneute Militärträumerei torkelt.
Wie wenn es kein Anschauungsmaterial gäbe, was dabei herauskommt. Während wir in nackter Verzweiflung unsere Christenglocken einschmolzen, um unsere Schießprügel zu füttern, hat ein Nachbarland in tiefem Frieden die Grundlage zu einer noch heute bewundernswerten Infrastruktur geschaffen, und beim nächsten ausländischen Glockenschmelzabenteuer die eigenen schönen Städte vor dem Bombenterror bewahrt. Eingezwängt zwischen zwei von grausamen Wahnsinnigen beherrschten Ländern ist den Bewohnern dieses wehrlos kleinen Landes nichts passiert. Ging doch.
Aber nur weiter so. Die Finnen und Schweden hat man mit aus der Luft gegriffenen, jawohl, aus der Luft gegriffenen Angstmärchen schon übertölpelt. Österreich hinkt hinterher, ohje ohje ojemineh. Welche Schande! NATO-Stau, Militärscham, wem fällt eine noch bessere Worthülse ein? EU-Bringschuld vielleicht auch noch?
Weiter so, der Glockengießer reibt sich schon die Hände. Eine pompöse Friedensglocke schaut sicher auch wieder heraus.
Albert Einstein:
Solange aber die Nationen nicht dazu entschlossen sind, durch gemeinsame Aktionen den Krieg abzuschaffen und durch friedliche Entscheidungen auf gesetzlicher Basis ihre Konflikte zu lösen und ihre Interessen zu schützen, sehen sie sich genötigt, sich auf einen Krieg vorzubereiten. Sie sehen sich dann genötigt, alle, auch die verabscheuungswürdigsten Mittel vorzubereiten, um im allgemeinen Wettrüsten nicht überflügelt zu werden. Dieser Weg führt mit Notwendigkeit zum Krieg, der unter den heutigen Verhältnissen allgemeine Vernichtung bedeutet.